Die Vor- & Nachteile davon, Freund:innen zu daten – 7 Leute erzählen
Zuallererst sollten wir betonen: Es ist völlig normal, sich in Freund:innen zu verlieben. Studien zufolge finden die meisten von uns andere Menschen attraktiver, wenn wir sie bereits kennen (was auch erklären könnte, wieso wir manchmal den Eindruck haben, in Dating-Apps nie jemanden zu sehen, den oder die wir wirklich mögen). Freund:innen um ein Date zu bitten, kann aber gleichzeitig deutlich angsteinflößender sein, als ein Tinder-Match zu einem Drink einzuladen.
„Mit einem Freund oder einer Freundin etwas anzufangen, kann riskant sein. Es könnte ja passieren, dass ihr euch trennt und dadurch eine gute Freundschaft verliert; vielleicht zerbricht auch euer gemeinsamer Freundeskreis daran, wenn ihr einen teilt“, meint Maria Sullivan, Dating-Expertin und Vizepräsidentin von Dating.com. „Es kann aber auch zur großen Liebe werden. Es ist also immer eine gute Idee, es zumindest auszuprobieren, wenn du glaubst, dass daraus etwas Tolles entstehen könnte.“
Und hey: Selbst wenn eure romantische Beziehung ins Nichts führt, bedeutet das nicht automatisch den Untergang eurer Freundschaft. „Bloß weil eine Beziehung nicht klappt, heißt das ja nicht, dass ihr nicht zu eurer Ausgangssituation zurückkehren könnt“, betont Sullivan. „Wenn ihr in der Gruppe mit gemeinsamen Freund:innen rumhängt, kann das helfen, eure Freundschaft aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Zeit kehrt dann alles wieder zur Normalität zurück.“
Soweit die Theorie – aber wie sieht die Realität aus? Wir haben nachgefragt und im Folgenden einige Erfahrungen und Ratschläge von Leuten gesammelt, die den Sprung gewagt und ihre Freund:innen gedatet haben.
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Die Rollenspiel-Freundschaft
Jameson, 29
Die Freundschaft: Jameson lernte seinen:ihren Partner Isaiah 2008 bei einem Rollenspiel (Live-Action Role Playing Game, kurz LARP) kennen. „Während des ersten Jahres unserer Freundschaft kannte ich ihn nur unter dem Namen seines Charakters!“, erzählt Jameson. Im Laufe der Zeit trafen sich die beiden auch außerhalb des Spiels, zusammen mit anderen Freund:innen. Nachdem Jameson aus der LARP-Gruppe ausstieg, verloren sich die beiden eine Zeit lang aus den Augen, nahmen aber später wieder Kontakt auf.
Die Beziehung: „2013 bekam ich plötzlich dauernd diese kryptischen Nachrichten von einer unbekannten Nummer, in der es um merkwürdige Rituale ging. Irgendwann forderte mich die Person dazu auf, sie um Mitternacht im Hundepark zu treffen“, erzählt Jameson. „Ich tauchte also mit einem Freund dort auf. Wir waren uns beide nicht sicher, ob das Ganze nur ein Scherz war. Aber Isaiah war da; er hatte ein paar Freund:innen dazu überredet, sich dicke Kapuzenmäntel anzuziehen und mit Kristallkugeln in den Händen auf mich zu warten. Danach saßen wir zusammen die ganze Nacht im Park und tranken Wein.“ Heute betrachten Jameson und Isaiah diesen Abend als ihr erstes Date: „Danach waren wir einfach irgendwie zusammen.“
2014 outete sich Jameson nach einem Jahr Beziehung schließlich als transgender. Isaiah war „meine größte Unterstützung“, meint Jameson heute. Die beiden verlobten sich 2016 und heirateten im September 2019.
Der Ratschlag: „Ich finde es super, Freund:innen zu daten“, sagt Jameson. „Jede gute Beziehung sollte auf einer soliden Freundschaft aufbauen. Ich verstehe, dass sich viele Leute Sorgen darum machen, damit die Freundschaft zu ruinieren – aber mal ehrlich: Ich finde, eine wirklich stabile Freundschaft sollte es aushalten können, eine Beziehung auszuprobieren und sich dann doch dagegen zu entscheiden.“
Die Schulfreundschaft
Charlotte*, 28
Die Freundschaft: Nachdem sich die beiden bei einem Sommerjob kennengelernt hatten, wurden aus Charlotte* und Dan* (das sind nicht ihre echten Namen) Schulfreund:innen, die ihre Freundschaft auch bis ins Studium fortsetzten. „Er war dauernd bei uns zu Besuch und kannte meine Familie sehr gut. Er war quasi der perfekte Schulkumpel“, erzählt Charlotte.
Die Beziehung: Charlotte war immer schon in Dan verknallt. Während des ersten Studienjahrs wurde ihr dann aber klar, dass es ihm womöglich genauso ging. „Bei einem unserer Treffen küsste ich ihn einfach. Daraus wurde dann eine lockere Beziehung“, sagt sie. Einen Monat später machten sie es dann offiziell. „Wir mochten uns einfach sehr gern. Trotzdem ging es irgendwann bergab, und da half es auch nicht, dass wir die ganze Zeit über eine Fernbeziehung führten“, erzählt Charlotte. „Wir waren insgesamt zwei Jahre lang zusammen und hatten dann eine furchtbare Trennung (er machte am Telefon mit mir Schluss!).“
Es dauerte ein paar Jahre, aber die beiden freundeten sich wieder an. „Nachdem ich die Wut und Verletzung verdaut hatte, erinnerte ich mich daran, wie toll er eigentlich ist und warum ich damals überhaupt mit ihm befreundet war“, meint Charlotte. „Es war tatsächlich einer der größten Erfolge meines Erwachsenenlebens, diese Freundschaft wiederzugewinnen – und zwar einfach nur als Freundschaft.“
Der Ratschlag: Charlotte rät all denen, die überlegen, eine:n Freund:in um ein Date zu bitten: „Denk gründlich drüber nach. Würde es dir das Herz brechen, ein Nein zu bekommen, oder wenn es einfach nicht funktioniert mit euch? Wäre es für dich okay, wenn ihr euch trennt und dann eine Zeit lang nicht befreundet seid? Wenn du seine oder ihre Beziehungen schon miterlebt hast: Wie verhält er oder sie sich in einer Beziehung, und kannst du dir das für dich vorstellen?“
Die Comedy-Freundschaft
Die Freundschaft: Jahre nach der Trennung von Dan freundete sich Charlotte mit Will* an, der denselben Comedy-Kurs besuchte wie sie. Sie besuchten ihre jeweiligen Comedy-Auftritte und schrieben sich Nachrichten, wenn er oder sie auf einer Party war und sich unwohl fühlte. Nachdem Charlotte eine Langzeitbeziehung beendet hatte, wollte sich Will immer „dringender“ mit ihr treffen, erzählt Charlotte. „Anfangs dachte ich mir dabei nicht viel. Irgendwann wurde mir aber klar, dass er mich wohl um Dates bat“, sagt sie. Sie beschloss, sich „darauf einzulassen“ und entwickelte ebenfalls Gefühle für ihn. Nach einer Party in ihrer Wohnung blieb Will länger da, um ihr beim Aufräumen zu helfen. „Wir landeten zusammen im Bett und waren danach eine Weile zusammen.“
Die Beziehung: Leider war Will „ein totales Arschloch, als wir zusammen waren“, erzählt Charlotte. „Obwohl es vielversprechend losging und er die Beziehung wirklich ernst zu nehmen schien, zog er sich nach etwa einem Monat immer weiter zurück und wollte das Ganze in eine Art ‚Friends with benefits‘-Ding umstrukturieren.“ Er schrieb ihr manchmal unhöfliche Nachrichten, sagte häufig gemeinsame Pläne ab, und machte schließlich per Nachricht Schluss. „Das tat weh, weil wir als Freund:innen so vernünftig und rücksichtsvoll miteinander umgegangen waren. Sobald wir aber in einer Beziehung waren, behandelte er mich immer schlechter“, sagt Charlotte. „Ich habe seitdem nichts mehr mit ihm zu tun gehabt. Das ist für mich okay. Ich habe kein Interesse mehr an einer Freundschaft mit ihm.“
Der Ratschlag: „Beziehungen erfordern immer viel Mut. Wenn es dabei aber um einen Freund oder eine Freundin geht, solltest du besonders vorsichtig sein“, empfiehlt Charlotte. „Wenn du glaubst, ohne diese Freundschaft nicht mehr leben zu wollen, würde ich dir davon abraten.“
Die „Lass uns besser befreundet bleiben“-Freundschaft
Ellie B., 22
Die Freundschaft: In der Schule freundete sich Ellie mit einem Jungen aus ihrer Klasse an. Sie trafen sich auch immer häufiger allein, und mit der Zeit wurde daraus „eine Beziehung – oder zumindest sowas in der Art“, erzählt Ellie.
Die Beziehung: „Wir hatten Sex und gingen zusammen ins Kino. Trotzdem dauerte es sehr lange, bis wir uns explizit als ‚Paar‘ bezeichneten“, sagt Ellie. Irgendwann waren sie dann doch offiziell zusammen. „Trotzdem war uns beiden klar, dass wir verschiedene Dinge wollten und niemand von uns emotional für das bereit war, was sich die andere Person wünschte“, erzählt sie. „Ich wünschte mir Kitsch und Romantik. Er wollte genau das Gegenteil.“
Ellies Freund nahm sie nur selten zu Treffen mit seinen Freund:innen mit, wodurch sie sich fühlte wie ein „Geheimnis, das er vor allen anderen in seinem Leben versteckte“. Schließlich machte er mit ihr Schluss. Während der restlichen Schulzeit sprachen die beiden nicht viel miteinander. Im Laufe eines Sommers kamen sie dann aber wieder in Kontakt. „Wir setzten unsere Freundschaft fort und hatten ab und an auch Sex. Wir überlegten aber nie, unsere Freundschaft wieder zu einer Beziehung zu machen“, erzählt Ellie. Heute ist sie in einer festen Beziehung und mit ihrem Ex „sehr gut befreundet“. „Obwohl wir es mit der Romantik versucht haben, war unsere Freundschaft letztlich einfach stabiler und uns beiden wichtiger.“
Der Ratschlag: „Wenn du überlegst, eine:n Freund:in um ein Date zu bitten, solltest du dich mit der Möglichkeit abfinden, dass du diese Freundschaft womöglich verlierst, wenn eure Beziehung den Bach runter geht. Vielleicht seid ihr danach wochen-, monate-, sogar jahrelang nicht befreundet, oder vielleicht auch gar nicht mehr“, meint Ellie. „Sei dir darüber im Klaren, dass sich eure Freundschaft in irgendeiner Hinsicht verändern wird – ganz egal, wie stabil eure Dynamik heute noch ist.“
Die Freundschaft nach der Trennung
Rhys, 24
Die Freundschaft: Rhys und ihre Freundin waren anderthalb Jahre befreundet, bevor sie zusammenkamen. Sie spielten zusammen Dungeons & Dragons und schauten sich Filme an, standen sich aber nicht extrem nah. „Unsere Beziehung ging ein bisschen chaotisch los“, erzählt Rhys. Ihre jetzige Partnerin war damals mit Rhys’ guter Freundin zusammen, die sich dann jedoch in eine andere verliebte. „Daraus wurde ein komisches Liebesdreieck“, erzählt Rhys. Sie hatte sich kurz zuvor von jemandem getrennt und fing an, ihre jetzige Partnerin zu trösten, um sich auch über die eigene Trennung hinwegzuhelfen. Die beiden verbrachten mehr Zeit zu zweit, meist mit Fernsehen oder Videospielen.
Die Beziehung: Während dieser Treffen sagte Rhys’ Freundin immer häufiger: „Ich liebe dich.“ Rhys antwortete darauf meistens mit einem: „Ich dich auch“, erwiderte aber eines Tages: „Ich liebe dich auch.“ Die Reaktion ihres Gegenübers ließ sie begreifen, dass hier tiefere Gefühle im Spiel waren. „Es war ein bisschen merkwürdig, weil ich noch gar nicht über eine neue Beziehung nachgedacht hatte. Ich hatte erst kurz vorher herausgefunden, dass ich lesbisch bin. Unser Freundeskreis war ziemlich zerbrechlich, und meine Situation zu Hause auch nicht gerade leicht. Sie machte aber alles besser und leichter.“ Die beiden kamen schließlich zusammen – und sind es bis heute. In zwei Jahren wollen sie heiraten. „Obwohl meine Familiensituation kompliziert ist, weiß ich immer, dass mir alles so viel weniger schlimm vorkommt, wenn ich nur ihre Stimme höre. Ich weiß, dass sie immer für mich da sein wird“, sagt Rhys.
Der Ratschlag: „Ich weiß, dass sich viele den Kopf darüber zerbrechen, einen Freund oder eine Freundin zu verlieren. Sowas passiert im echten Leben aber fast nie“, meint Rhys. „Und selbst, wenn dir dein:e Freund:in einen Korb gibt, sei weiterhin offen und ehrlich – und erwarte dasselbe von anderen.“
Die Uni-Freundschaft
Samantha, 23
Die Freundschaft: Samantha und ihr Ex lernten sich in der Uni kennen und waren vor ihrer Beziehung zweieinhalb Jahre befreundet. „Irgendwann waren wir beste Freund:innen, quatschten jeden Tag und gaben uns gegenseitig Dating-Ratschläge“, erzählt sie. „Ich war quasi seine ‚Wing Woman‘ und half ihm dabei, Frauen anzuflirten, und hörte mir sein Gejammer über seine Exfreundin an.“ Samantha war vergeben, als sie sich kennenlernten, und stand anfangs überhaupt nicht auf ihn. „Ich glaube, zu Beginn hatte niemand von uns beiden solche Gefühle. Das kam erst, als wir älter und ein bisschen attraktiver wurden“, sagt sie.
Die Beziehung: Während des Studiums waren Samantha und ihr baldiger Freund zeitweise gleichzeitig Single und ineinander verknallt. „Es brauchte die Hilfe von ein paar Freund:innen, die uns auf einer Party dazu überredeten, endlich nicht mehr so feige zu sein, sondern uns unsere Gefühle einzugestehen“, erzählt sie. „Wir hatten beide jeweils andere Leute zur Party mitgebracht, die sich aber vornahmen, uns zu verkuppeln. Irgendwann wurden die Andeutungen sehr offensichtlich, und er zog mich zur Seite, um mich zu fragen, ob ich Gefühle für ihn hatte. Ich sagte ja, und boom, plötzlich machten wir rum.“ Sie verabredeten sich zu einem offiziellen ersten Date und waren kurz darauf ein Paar.
Acht Monate später trennte er sich aber von Samantha. „Eine Weile sprachen wir daraufhin nicht miteinander. Ich war total am Boden zerstört, während er schnell was Neues anfing“, erzählt sie. Nachdem ihn die neue Freundin aber abserviert hatte, freundeten Samantha und er sich wieder an – und wurden schließlich friends with benefits. „Chaotisch, ich weiß“, meint sie. „Wir kamen ein zweites Mal zusammen, doch die Beziehung endete einige Monate nach dem Uniabschluss. Heute haben wir keinen Kontakt mehr. Er hatte sich im Laufe der vier Jahre, die ich ihn kannte, einfach sehr verändert.“
Der Ratschlag: „Es kann grandios laufen – wie bei allen anderen Beziehungen kann es aber auch traurig in die Brüche gehen“, sagt Samantha. „Lass dich nicht von der anderen Person davon überzeugen, dass es schon gut ausgehen wird! Vieles verändert sich, wenn zu einer tiefen Freundschaft auch noch Sex und Liebe hinzukommen.“
Die „Endlich mehr als nur befreundet“-Freundschaft
Camille
Die Freundschaft: Camille lernte ihre heutige Verlobte Merle im ersten Studienjahr kennen. Sie kamen sich schnell näher. „Wir verbrachten viel Zeit zusammen, und das war die beste Freundschaft meines Lebens“, erinnert sich Camille. „Ich freute mich sogar für sie, als sie einen heißen Freund bekam.“ Im Laufe der Zeit „fühlte ich mich aber angespannt in ihrer Nähe, ohne zu wissen, warum“, sagt sie. Weil sie sich nicht auf den ersten Blick in Merle verliebt hatte, verstand sie nicht, dass sie langsam romantische Gefühle für sie entwickelt hatte. „Dann wurde es mir plötzlich klar, und nach vielen Missverständnissen kamen wir schließlich zusammen“, sagt sie. Merle war diejenige, die den ersten Schritt machte, indem sie sie nach vielen betrunkenen Anspielungen von Camille küsste. „Alle unsere Freund:innen meinten: ‚Na endlich!‘“
Die Beziehung: Nach zehn Jahren Freundschaft und sieben Jahren Beziehung planen Camille und Merle inzwischen ihre Hochzeit. „Sie ist das Beste, was mir je passiert ist“, sagt Camille. „Ich hatte nie Angst davor, vor ihr ganz ich selbst zu sein, weil sie mich ja schon kannte, und das ist das schönste Gefühl überhaupt. Ich fühle mich so sicher und geliebt.“
Der Ratschlag: „Einen Freund oder eine Freundin zu daten ist super. 5 von 5 Sternen, ich würde es definitiv weiterempfehlen!“
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