5 Frauen über ihre komplizierte Beziehung zum Solarium
Jedes Jahr versuchen viele von uns, einen sonnengeküssten Teint zu bekommen. Da gebräunte Haut so oft als Zeichen für gute Gesundheit angepriesen wird, ist es kein Wunder, dass der Markt für Selbstbräunungsprodukte bis 2029 weltweit auf 1,58 Milliarden US-Dollar anwachsen soll. Selbstbräuner sind nicht mehr der Stoff, aus dem orangefarbene Albträume gemacht sind, sondern haben einen langen Weg hinter sich: Wasserbasierte Selbstbräuner sorgen für ein nahtloses Finish und Bräunungskonzentrate verleihen deinem Gesicht ein subtiles Strahlen. Trotz dieser neuen und innovativen Formeln nutzen manche Menschen immer noch die Sonnenbank, um sich zu bräunen.
Die ultraviolette Strahlung (UV), die von Sonnenbänken abgegeben wird, setzt sich hauptsächlich zusammen aus UVA-Strahlen (diese bräunen die Haut und stehen unter Verdacht, zu vorzeitiger Alterung und Hautkrebs zu führen) und kleineren Dosen von UVB-Strahlen (die für Sonnenbrand verantwortlich sind). Sonnenbänke geben eine höhere Dosis an UV-Strahlen ab als die tropische Mittagssonne und obwohl Sonnenbank-Bräune vermeintlich als „gesünder“ wahrgenommen wird, ist sie ein Zeichen für erste Hautschäden. Sonnenbänke bergen ernsthafte Gesundheitsrisiken.
In Deutschland beobachten Expert:innen einen Anstieg von schwarzem Hautkrebs bei jungen Frauen. Weißer Hautkrebs trete häufiger bei Männern mit wenig Haarwuchs am Kopf auf, erklärt Facharzt Uwe Reinhold vom Dermatologischen Zentrum Bonn Friedensplatz. „Bei schwarzem Hautkrebs gehen wir pro Jahr von 22 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner aus.“ Bei weißem Hautkrebs gibt es bis zu 400 Neuerkrankungen im Jahr pro 100.000 Einwohner.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung hat künstliche UV-Strahlung als Karzinogen (Krebserreger) der Klasse 1 eingestuft. Die Nutzung einer Sonnenbank kann das Krebsrisiko um bis zu 20 % erhöhen. Die Tatsache, dass so viele Menschen trotz der bedenklichen Aussichten immer noch künstliche Bräunungsgeräte benutzen, gibt Ärzten und Dermatologen Anlass zur Sorge. Und junge Menschen sind am meisten gefährdet: Menschen, die vor ihrem 25. Lebensjahr häufig UV-Strahlen ausgesetzt sind, haben ein größeres Risiko, später im Leben an Hautkrebs zu erkranken. Laut der britischen Skin Cancer Foundation erhöht sich das Risiko, an einem lebensbedrohlichen Melanom zu erkranken, um 75 %, wenn man sich vor dem 35. Lebensjahr im Solarium bräunt.
Sonnenbänke sollen den Menschen nicht nur einen gebräunten Teint bescheren. Wenn du Akne oder Schuppenflechte hast oder unter Vitamin-D-Mangel leidest, bist du vielleicht auf (höchstwahrscheinlich nicht bestätigte) Informationen gestoßen, in denen die Nutzung von Solarien als Lösung angepriesen wird – aber die Experten:innen sehen das anders. „Es gibt keine gesundheitlichen Vorteile, wenn du zu Hause oder in einem Sonnenstudio Sonnenbänke benutzt“, erklärt die Dermatologin Justine Kluk. „Vitamin D kann durch die Ernährung oder durch Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden, daher ist dieses Argument nicht stichhaltig.“
Dr. Kluk berichtet, dass die meisten Dermatolog:innen in ihren Praxen Patient:innen sehen, die als direkte Folge der Benutzung von Sonnenbänken Hautkrebs oder vorzeitige Hautalterung entwickelt haben. Wegen des hohen Hautkrebsrisikos ist es besonders wichtig, dass du alle Leberflecken an deinem Körper genau beobachtest. „Besorgniserregend ist es, wenn ein neuer oder bereits vorhandener Leberfleck an Größe zunimmt oder sich in Form oder Farbe verändert, insbesondere wenn er dunkler wird“, sagt Dr. Kluk. „Anhaltender Juckreiz oder Blutungen aus einem Leberfleck sind ebenfalls Anzeichen dafür, dass ein dringender Besuch beim Arzt oder Dermatologen nötig ist.“ Dr. Kluk ist der Meinung, dass Sonnenbänke verboten werden sollten.
Viele von uns haben ein kompliziertes Verhältnis zu Sonnenbänken und trotz der gut dokumentierten Gefahren entscheiden sich immer noch unzählige Menschen dafür, sie zu benutzen. Refinery29 hat fünf (ehemalige) Solarium-Fans gefragt, was sie von Sonnenbänken halten.
(Beim Lesen solltest du im Hinterkopf behalten, dass eine „Grundbräune“ schlicht und einfach ein Sonnenschaden ist).
Alexandra, 22
„Vor Corona war ich drei bis fünfmal im Jahr im Urlaub. Ich hatte beschlossen, vor meinem ersten Sommerurlaub seit langem ins Solarium zu gehen. Das war im Januar letztes Jahr und seitdem bin ich süchtig danach. Die Ergebnisse waren sofort sichtbar und haben mein Selbstvertrauen enorm gestärkt. Ich bin etwas kräftiger und habe immer das Gefühl, dass ich mich deshalb besonders anstrengen muss, um gut auszusehen, wenn ich knapp bekleidet herumlaufe.
Ich versuche, zweimal pro Woche zu gehen, meistens vor einem Urlaub. Oder vor etwas Besonderem, wie einem Geburtstag. Dann gehe ich oft zwei Wochen lang jeden zweiten Tag. Manchmal gönne ich mir auch eine Pause, zum Beispiel nach einem Urlaub für ein oder zwei Wochen. Früher habe ich einfach Selbstbräuner benutzt, aber meine Bräune sah sichtbar fake aus.
Fake-Tan kommt für mich nicht mehr in Frage. Ich bin mir der Risiken von Sonnenbänken bewusst. Ich hoffe einfach, dass ich Glück habe. Ich schwöre mir immer: ‚Noch ein Urlaub‘ oder ‚Nach dieser Hochzeit höre ich auf‘, aber für mich ist Bräune wie eine Sucht. Das macht mir manchmal Sorgen – und meiner Familie auch.
Ich weiß, dass ich irgendwann aufhören werde, aber die frühen 20er sind hart. Es geht nicht nur ums Aussehen. Mir gefallen die neun Minuten Ruhe, Freiheit und Abschalten von der Welt. Ich liege da und stelle mir vor, ich wäre an einem Strand und nicht in einer Sonnenbank. Es ist ein Stimmungsaufheller für mich: Ich liege auf der Sonnenbank und dann trinke ich eine Cola Zero im Auto! Aber ich hoffe, dass ich irgendwann nicht mehr das Bedürfnis habe, braun zu werden, damit ich mich gut fühle.“
[Anmerkung der Redaktion: Eine Studie aus dem Jahr 2017, die von Forscher:innen des Georgetown University Medical Center durchgeführt wurde, ergab, dass 22 % der Frauen, die sich bräunen, Anzeichen von Bräunungs-Sucht zeigten.]
Claire*, 28
„Ich gehe wahrscheinlich sechsmal im Jahr ins [Solarium] und das meist vor Anlässen wie Hochzeiten oder Urlauben, um eine Grundbräune zu bekommen. Ich decke meine Muttermale immer mit Pflastern ab, weil ich glaube, dass das für sie etwas sicherer ist. Ich habe nur zwei Leberflecke, aber sie sind mittelgroß, etwa so groß wie eine Münze. Ich bin mir der Risiken bewusst, aber ich mache mir keine Sorgen, weil ich nicht das Gefühl habe, dass oft genug hingehe, um ein Risiko einzugehen. Ich glaube nicht, dass Solarien außer dem Bräunen noch andere Vorteile haben. Nach meinem nächsten Urlaub werde ich für dieses Jahr nicht mehr ins Solarium gehen. Nicht, weil ich gegen Sonnenbänke bin, sondern weil ich dann keinen Grund mehr dazu habe. Aber nichts würde mich wirklich davon abhalten, sie in Zukunft weiterzunutzen.“
[Anmerkung der Redaktion: Dr. Penelope Pratsou, Fachärztin für Dermatologie und Sprecherin der British Skin Foundation, erklärt gegenüber R29: „Der Glaube, dass das Abdecken von Muttermalen Hautkrebs verhindert, ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, da er Menschen, die sich weiterhin regelmäßig sonnen oder Solarien nutzen, in die Irre führen kann. Bis zu acht von zehn Melanomen entstehen als neue Läsionen auf der Haut und nicht durch veränderte Muttermale.“]
*Name wurde geändert
Jaime, 44
„Ich persönlich liebe es, wie ich aussehe – und mich fühle – wenn meine Haut ein bisschen Farbe bekommt. Das ist natürlich eitel und rührt von einer angespannten Beziehung zu meinem Körper her, die ich (immer noch) habe. Aber ich fühle mich schlanker, straffer und entspannter, wenn ich gebräunt bin. In meinen späten Teenagerjahren und Anfang bis Mitte 20 kam diese Bräune aus dem Solarium und vom Sonnenbaden im Freien.
Ich versuchte, das ganze Jahr über braun zu sein. Meine Freunde machten Witze darüber, dass ich wie ein Oompa Loompa aussah, aber das war mir egal – ich fand, dass ich besser aussah. Ich war mir [der Risiken] bewusst, aber ich war naiv. Es war ein kalkuliertes Risiko, das in meinem Kopf flackerte und das ich bereit war, einzugehen. Ich habe nicht an die Zukunft in einem, fünf oder zehn Jahren gedacht. Ich dachte: Wie gut werde ich am Samstagabend aussehen?
Als ich das erste Mal ins Solarium ging, stellte man die Zeitschaltuhr am Bett selbst ein und konnte 30 Minuten oder länger dort liegen. Wenn ich nur daran denke, schaudert es mich. Jetzt bin ich die Sonnenschutzpolizei – für mich, meinen Mann, meine Kinder und alle, die es hören wollen – und du wirst mich draußen nie ohne Hut, Sonnenbrille oder Sonnencreme sehen.
Ich war lange Zeit als Beauty-Publizistin tätig und habe in meinen späten 20ern einen Top-Dermatologen vertreten. Die Informationen über Sonnenschutz und Hautkrebs, die ich dort erhielt, waren aufschlussreich. Mir wurde bewusst, wie schädlich Sonneneinstrahlung ist, wie schädlich Solarien für die Hautgesundheit sind, wie häufig Hautkrebs vorkommt und wie gefährdet man schon bei der kleinsten Sonneneinstrahlung ohne ausreichenden Schutz ist. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch schon Melasmen auf meinen Wangen und meiner Oberlippe entwickelt, weil ich jahrelang auf Sonnenbänken gelegen hatte und beim Bräunen im Freien nicht auf den Sonnenschutz geachtet hatte.
Was mich vollständig von der Sonnenbank abbrachte, war als ich anfing im Rita Hazan Salon zu arbeiten, in dem Anna Stankiewicz, eine Airbrush-Bräunungsspezialistin, angestellt war. Ich war skeptisch, dass eine Sprühbräune genauso gut aussehen und sich genauso anfühlen würde wie eine Bräunung im Solarium, aber ich war sofort begeistert. Außerdem habe ich angefangen, fleißig Sonnenschutzmittel aufzutragen, vor allem am Pool und am Strand. Schönheit mag oberflächlich erscheinen, aber sie hat einen unglaublich starken Effekt, der dein Leben verändern kann.“
Katie, 23
„Ich gehe insgesamt etwa 50 Mal im Jahr. Ich bin von Natur aus sehr blass, deshalb mag ich es, gebräunt zu sein, weil es mir das Gefühl gibt, zu strahlen, und ich finde, dass meine Outfits mit Bräune besser aussehen. Ich habe ein Ekzem. Wenn ich Selbstbräuner verwende, bleibt er an den trockenen Stellen haften und reizt meine Haut. Ich habe aber festgestellt, dass Solariengänge mein Ekzem verbessern und mir eine natürliche Farbe geben können. Ich weiß nicht, ob das ein medizinischer Vorteil ist oder einfach nur etwas, das bei mir funktioniert. Auf jeden Fall hebt es meine Stimmung!
Ich gehe auch gerne ins Solarium, bevor ich ins Ausland fahre, da ich dazu neige, in der Sonne zu verbrennen. Ein paar Sitzungen bereiten meine Haut vor und geben mir eine ‚Grundbräune‘, damit ich Verbrennungen vermeiden kann. Ich bin mir der Risiken bewusst, aber ich mache mir keine großen Gedanken darüber. In meinen Augen gibt es viel gefährlichere Dinge auf der Welt, die ich nicht mache, wie Drogen konsumieren und Rauchen. Sonnenbänke sind mein einziges Laster. Ich nutze sie nicht übermäßig und verdecke Narben oder Tätowierungen, also denke ich, dass ich sie so sicher wie möglich benutze.“
[Anmerkung der Redaktion: Dermatolog:innen sagen, dass eine kontrollierte Kur mit Schmalband-UVB-Phototherapie nicht nur sicher, sondern auch wirksam ist und bei bis zu 70 % der Patient:innen zu einer Verbesserung des Ekzems führt. Aber: Solarien geben unregulierte Mengen und UV-Wellenlängen ab. Vor allem UVA-Licht macht erheblich für die Entwicklung von Melanomen, einer schweren Form von Hautkrebs, anfällig.]
Georgie*, 25
„Ich gehe ins Solarium, um eine ‚Grundbräune‘ zu bekommen, bevor ich in den Urlaub fahre, damit ich nicht gleich in den ersten Tagen einen Sonnenbrand bekomme. Ein bisschen Farbe im Vorfeld gibt mir auch mehr Selbstvertrauen. Ich bin mir der Risiken sehr bewusst, aber das beunruhigt mich nicht, weil ich weiß, dass ich jederzeit aufhören kann, wenn es ein Problem gibt. Ich glaube, dass Solarienbesuche die Stimmung heben und das Selbstvertrauen stärken, vor allem, wenn du im Sommer oder im Urlaub mit deinem Körpergefühl zu kämpfen hast. Das Einzige, was mich in Zukunft davon abhalten würde, sie zu benutzen, sind gesundheitliche Gründe.“
*Name wurde geändert
Anmerkung der Redaktion: Die Skin Cancer Foundation berichtet, dass UV-Strahlung zwar die Produktion von Endorphinen ankurbelt, aber keine wirksame Lösung für die Behandlung von Krankheiten wie der sogenannten Winterdepression ist. Die Organisation schlägt stattdessen eine Therapie mit sichtbarem Licht vor, bei der ein geregelter Lichtstrahl eingesetzt wird, ohne dass du den schädlichen UVA-Strahlen ausgesetzt bist.
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Ich bekam mit 23 Hautkrebs & bräune mich nie mehr