Wie verhalte ich mich im Notfall?: Heidelberger Björn-Steiger-Stiftung zeigt in Gratis-Kursen, worauf es ankommt
Von Ellen Weidenfeld
Heidelberg. Wenn plötzlich ein Mensch auf offener Straße kollabiert, ist die Scheu, etwas falsch zu machen, oft größer, als der Antrieb zu helfen. Pro Jahr ereilt der plötzliche Herztod rund 100.000 Menschen in Deutschland. An keiner Ursache sterben hierzulande mehr Menschen.
Um sich besser vor der Gefahr eines Herzversagens wappnen zu können, hat die Björn-Steiger-Stiftung das Projekt "Herzsicheres Heidelberg" initiiert. In Kooperation mit der Stadt sollen von Unternehmen finanzierte Automatisierte Externe Defibrillatoren, kurz AED, dazu beitragen, die Zahl der Toten künftig zu reduzieren. Die Stiftung bietet unter anderem Kurse an, in denen Laien kostenlos den Umgang mit Defibrillatoren üben können. Oberstufenschüler des Mannheimer Liselotte-Gymnasiums besuchten nun in den Räumen des Alten Hallenbades eine der Veranstaltungen unter dem Motto "Retten macht Schule: In jedem steckt ein Lebensretter".
Gegenüber dem Körperweltenmuseum, in dem präparierte Leichen ausgestellt sind, erläutert Marcus Fluit, wie man sich im Ernstfall zu verhalten hat. Fluit ist seit 20 Jahren im Rettungsdienst tätig und verfügt über entsprechend viel Erfahrung. Er weiß: Kippt ein Mensch unvermittelt aufgrund von Herzkammerflimmern um, dann braucht es eine AED-Säule. Diese beinhalten eine Tasche mit einem Defibrillator für die Wiederbelebung, aber auch Handschuhe, ein Beatmungstuch und einen Einwegrasierer.
50 solcher AED-Säulen gibt es schon in Heidelberg, zum Beispiel am Alten Hallenbad, in der Poststraße, im Kaufland, in der Hertzstraße oder in der Musik- und Singschule. Durch die starke Präsenz der Säulen im Stadtgebiet sollen Bürger animiert werden, in Notsituationen auch einzugreifen. Und dennoch: Von dem Ziel, dass man von jedem Standpunkt in Heidelberg in drei Gehminuten ein AED-Gerät erreichen kann, ist man noch weit entfernt, wie Anna Eberchart, Pressesprecherin der Björn-Steiger-Stiftung, verrät: "Obwohl Deutschland ein sehr gutes Rettungswesen hat, schaffen es Rettungskräfte oft erst circa sieben bis zwölf Minuten nach Absetzen des Notrufs vor Ort zu sein." Im Ernstfall sei das deutlich zu spät, so Eberchart: "Ist das Herz betroffen, zählt schon die erste Minute."
Doch wie genau verhält man sich eigentlich im Notfall? Wenn ein Betroffener auf lautes Ansprechen nicht reagiert, sollte die Atmung geprüft werden. Dazu muss der Kopf des Patienten nach hinten überstreckt werden. Ist kein Atmen zu vernehmen, gibt es auch keine Herzaktivität. Ganz wichtig: Während eine Person Erste Hilfe leistet, sollte eine andere Person den Notruf absetzen und Ausschau nach einer AED-Säule halten. Anschließend sollte man den Oberkörper des Patienten frei machen. Bei starker Behaarung wird empfohlen, den Einwegrasierer zur Hand zu nehmen - nur so können Elektroden auf dem Körper angebracht werden. Das Gerät stellt daraufhin fest, ob das Herz steht, flimmert oder sogar normal schlägt.
Nach Anweisungen des Geräts steht die Herzdruckmassage an: Dafür werden die Hände übereinandergelegt und mit den Ballen etwa sechs Zentimeter tief in die Brust des Patienten gedrückt. 30 Wiederholungen - danach zweimal beatmen. Dazu wird der Kopf des Betroffenen überstreckt und die Nase zugehalten. Der Defibrillator gibt dabei den Takt vor. Fluit rät: "Nicht gleichzeitig Beatmen und Drücken!" Den Prozess wiederholen, bis der Rettungsdienst da ist.
Berührungsängsten im Notfall möchten Eberchart und Fluit vorbeugen. Sie machen klar: Nichts ist schlimmer, als untätig zu sein. Fluit, der seit vier Jahren für die Stiftung im Einsatz ist, sagt: "Erste Hilfe leisten kann wirklich jeder. Auch wenn niemand gesagt hat, dass es leicht ist, ein Menschenleben zu retten."
Info: Wer Interesse an einem Erste-Hilfe-Kurs hat - auch Schulklassen können teilnehmen -, kann sich unter www.steiger-stiftung.de/erste-hilfe-kurse anmelden. Finanzielle Spenden an die Stiftung sind ebenfalls unter www.steiger-stiftung.de möglich. Eine Übersicht über alle verfügbaren AED-Geräte in Heidelberg gibt es auf folgender Webseite: www.steiger-stiftung.de/initiativen/kampf-dem-herztod/100000-leben-zu-retten/heidelberg.