Comedy in Mosbach: Wie Michl Müller Romeo und Julia geschrieben hätte
Von Dominik Rechner
Mosbach. Wer kennt es nicht, das berühmte Liebesdrama Romeo und Julia von William Shakespeare, eine Liebesgeschichte, die als Tragödie endet. Nun fragt man sich, was hat das bitteschön mit dem Programm von Kabarettist Michl Müller, dem fränkischen Dreggsagg zu tun? Klar ist: Die einfache Sprache, die scharfsinnigen Gags, all das ist eben "Müller... nicht Shakespeare!".
Und doch greift Müller in seinem neuen Programm, mit dem er am Sonntag in der Alten Mälzerei in Mosbach zu Gast war, immer wieder das Grundthema aus Romeo und Julia auf: die Liebe. Mit seinem unnachahmlichen fränkischen Dialekt setzt er es in die Moderne um und schaut sich die Beziehung von heute an. Er stellt Szenen - mit viel Bewegung, gekonnter Gestik, Mimik und der passenden Stimmlage - aus dem Alltag nach, die jedermann und -frau aus dem eigenen Leben kennt. Schauspielerisch erste Sahne, da hat jeder was zu lachen - es bleibt kein Auge trocken!
Sei es das Shoppen am Wochenende, wenn die Frau im Stechschritt voraus geht, der Mann hinterher "dackelt". Oder die Sonntagabend-Gestaltung, bei der die Frau bestimmt, was geschaut wird: Rosamunde Pilcher! Da fragt Müller: "Was ist nur aus uns Männern geworden?"
Und dann, etwas später, plötzlich mitten im Sketch, grätscht eine unbekannte, sächsische Stimme dazwischen. Wer das wohl ist? Müller deckt eine Puppe im Hintergrund der Bühne auf, zum Vorschein kommt ein sprechender Totenkopf. "Isch bin da ,Shakespeare’", "sächselt" dieser. "Du bist doch nicht Shakespeare, der ist doch Engländer", sagt Müller. Der Totenkopf klärt auf: "Isch bin nie Engländer gewesen, isch bin ein Sachse, der geangelt hat." Aha, der Angelsachse also. Immer wieder grätscht im Verlauf der kurzweiligen gut zweieinhalb Stunden der Totenkopf dazwischen, immer, wenn Müllers Theorien dem "Shakespeare" doch recht fragwürdig erscheinen.
Natürlich bekommt auch die Prominenz in Sachen Liebe ihr Fett weg, so sagt Michl Müller mit ironischem Unterton: "Helene Fischer und Florian Silbereisen: das muss wahre Liebe sein!" Atemlos, so hieß es ja schon in Helenes Lied - und da beginnt er das erste Mal zu singen, gibt die Figur der "männlichen Helene": Spitze! Gekonnt nimmt Michl Müller die gute Helene auf die Schippe, vergleicht seine/ihre Bewegungen mit den Sicherheitsanweisungen im Flugzeug: Arme ausgestreckt nach rechts, nach links, nach unten, nach oben!
In aller Munde auch bei den Paaren: die Kommunikation über Whatsapp. Höchst unterhaltsam stellt Müller das Hin- und Herschreiben dar: Hier die Frau, die sich über jedes Wort Gedanken macht, tausend Herzchen-Smileys einbaut, da der Mann, der sich kurz und knapp hält.
Immer ein Brüller: Müller pickt sich eine Person aus dem Publikum heraus, bringt ihn genau da in die Geschichte, wo es passt. Ein Abend, den der Karl aus N. nicht vergessen wird!
Bei Müller kommt nichts und niemand ungeschoren davon. Kanzlerin Merkel zum Beispiel, die nur gewählt wird, weil sie die "Normale" unter den Putins, Trumps, Erdogans und Kim Jong-uns dieser Welt sei. Seehofer, Söder, die mit ihrer CSU das schlechteste Wahlergebnis in Bayern seit Jahrzehnten erzielten. Jan Ullrich, der mit dem Fahrrad fahren aufgehört hat, aber weiter "dopt". Oder die Nationalmannschaft, die gegen Holland 3:0 verloren hat: "Das muss sich angefühlt haben, wie wenn dich auf der Autobahn ein alter Wohnwagen überholt hat." Die schlechten Berater im Baumarkt, die Mitarbeiter im Mc Donald’s Restaurant, wo er sich fragt: Wie werden die eigentlich eingestellt?
Oder das zeitraubende Telefonat der Telekom, bei dem man lange auf den Berater warte und dann doch nicht schlauer sei als vorher. Dazu der Hype um Globuli, das "Allheilmittel" bei Krankheiten in der heutigen Zeit.
Der Kreis mit Romeo und Julia schließt sich, als Müller erzählt, wie er das Drama geschrieben hätte: Oben auf dem Balkon in Verona die schöne Julia, unten auf der Straße der Macho "Hasan", der die "geile Bitch" heiraten will. Erfolglos, denn die hat schon einen Freund, es ist der Karl aus dem Publikum!
Zwischendurch sorgt Michl Müller mit seinen Liedern immer wieder für Abwechslung an passender Stelle. So beschloss er auch den Abend - und hatte das bekommen, was er verdient: Einen voll besetzten Saal, in dem niemand mehr sitzen blieb und das Publikum begeistert im Takt mitklatschte und -sang.