Eine Branche im Umbruch: Das sind die neuen Herausforderungen für Speditionen
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. Der Berufskraftfahrer, die Maut, die Dieseldiskussion, die Lieferung Just in Time, der autonom fahrende Lkw oder auch die Konkurrenz des Binnenschiffs und der Bahn: Es existieren zahlreiche Herausforderungen, denen sich Speditionen stellen müssen. Da heißt es, flexibel zu bleiben. „Das Geschäft der Spedition bleibt trotz allem der Transport von Waren von Punkt A nach Punkt B“, sagt Thomas Beck, Geschäftsführer der Heidelberger Spedition Fritz Fels, deren Hauptbetätigungsfeld Umzüge und Maschinentransporte sind.
Zusätzlicher Handlungsdruck entsteht durch die Diesel-Diskussion oder allgemein die Diskussion um den Verbrennungsmotor. Das wird teuer, wissen alle, die mit der Branche zu tun haben. „Obwohl wir unsere Hausaufgaben gemacht haben. 80 Prozent der deutschen Lkw sind Diesel mit Euro-Norm 6“, betont Jochen Graeff, Geschäftsführer der Mannheimer Spedition Graeff.
Und Beck ergänzt: „Unsere Neuanschaffungen im Flottenbereich entsprechen stets dem neuesten Stand der Technik.“ Wie schnell es gehe mit der Umstellung auf E-Mobilität oder auf Wasserstoff, wisse niemand genau. Man werde sich auf Neuerungen einstellen müssen. „Trotzdem ist mir nicht bange vor der Zukunft für unsere Branche.“
Das Speditionsgewerbe befindet sich im Umbruch. Seit 2006 ist etwa die berufliche Qualifikation der Kraftfahrer gesetzlich geregelt. Auch die Einführung der Lkw-Maut brachte Veränderungen für die Branche mit sich. Damit habe man bei Fels allerdings keine großen Probleme gehabt, erklärt Geschäftsführer Beck, weil das Unternehmen den Kunden gegenüber offen und transparent mit dem Thema umgegangen sei. Fels legte die Mautgebühr auf die Preise um und wies sie als „separate Gebühr“ in der Rechnung aus. „Damit haben wir signalisiert, dass das nicht in unsere eigene Tasche fließt. Das haben die meisten Kunden akzeptiert“, so Beck.
Der zunehmende Warentransport spielt den Speditionen in die Karten. Die Zahl der zurückgelegten Transportkilometer steigt, ebenso die Auslastung der Speditionen. Andererseits nehmen durch die geforderte „Just in Time“-Lieferung von Vorprodukten an die Industrie die Anforderungen an Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. „Es gibt tatsächlich so etwas wie Konventionalstrafen, die anfallen, wenn nicht pünktlich geliefert werden kann.
Im Bereich der Nahrungsmittelindustrie wegen der Verderblichkeit der Waren, in der produzierenden Industrie wegen Mehrkosten für die Montageteams, die nicht arbeiten können“, erklärt Thomas Beck. Aber das hänge von den jeweiligen Verträgen ab. „Es ist mittlerweile häufig so, dass man nur eine Bandbreite bei der Lieferzeit vereinbart. Und dass man die Lkw tendenziell eher mit einem Zeitpolster losschickt.“ Beides – Strafen und Zeitpolster – erhöhen für die Spedition die Kosten.
Die Speditionen sind laut Rolf Fuhrmann, Professor an der Dualen Hochschule Mannheim für Spedition, Transport und Logistik, dabei, sich neu aufzustellen. Von einer linearen Lieferkette wechselt man zunehmend zu einem Netzwerkmuster. Viele kleinere Speditionen schließen sich zu einem Netzwerk zusammen, innerhalb dessen Fracht getauscht und übergeben wird. Das kann vom einfachen Postkutschenprinzip bis zu einem softwaregesteuerten Umlade- und Übergabeprinzip reichen. Beim Postkutschenprinzip, einer Art Staffellauf, erledigt ein Fahrer die Tour bis zu einem bestimmten Punkt, dann übergibt er den Auflieger an die nächste Zugmaschine.
Beim Netzwerkprinzip existieren zentrale Übergabe- oder Umladeplätze, die von verschiedenen Speditionen aus verschiedenen Richtungen angefahren werden. Hier sind auch Umladungen von Teilen der Ladung möglich und neu kombinierbar, so Fuhrmann. Er spricht vereinfacht von „Rendezvous mit System“. Speditionen gehen zunehmend dazu über, ihre Lkw in festgelegten Fahrplänen mit festgelegten Abfahrtzeiten zu betreiben. Ziel bleibt bei allem aus Wirtschaftlichkeitsgründen immer die optimale Auslastung des Lkw. „Das Zauberwort heißt Bündelung“, so Fuhrmann.
Binnenschiff und Bahn sind theoretisch Konkurrenten. Zumal sie wesentlich bessere CO2-Bilanzen haben je Tonne transportierter Fracht. Sinnvoll wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen Lkw-Spedition, Güterverkehr der Bahn und Binnenschiff. „Da geht noch einiges mehr“, so Fuhrmann.