Kosten, Kunden, Umwelt: So sehr belasten Staus Speditionen der Region
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. Erst ließ der Rhein die BASF mit seinem extremen Niedrigwasser im letzten Jahr im Stich, jetzt kommt der Standort Ludwigshafen wegen der Sperrung der Hochstraßen und den damit verbundenen Staus in die Bredouille. Der Chemiekonzern transportiert seine Waren und Rohstoffe über den Wasserweg, aber auch über Straße und Schiene – auch über die Autobahnen und Rheinbrücken in die rechtsrheinischen Teile der Metropolregion.
Einen drastischen Gewinneinbruch musste man – auch wegen des Niedrigwassers – für das Geschäftsjahr 2018 bilanzieren. Wie groß der negative Einfluss der gestörten Infrastruktur auf das Geschäftsergebnis ist? Dazu will man sich bei der BASF nicht festlegen. Aber deutlich mehr als die Hälfte aller ankommenden und abgehenden Güter schlägt man per Bahn und Lkw um.
Eine Sanierung beider Hochstraßen gleichzeitig könne zu einer „Bedrohung für den Standort Ludwigshafen werden“, erklärte BASF-Vorstand Michael Heinz im September. Eine komplette Verlagerung vom Lkw auf die Schiene oder das Schiff sei kaum möglich. Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck sah in einem RNZ-Interview gar den Todesstoß für die regionale Wirtschaft, „wenn wir die Verkehrsinfrastruktur kaputt gehen lassen.“ Beim größten Arbeitgeber in Mannheim, dem Daimler-Benz-Werk, sieht die Pressestelle keine Probleme. „Wir kennen die aktuelle Verkehrssituation und berücksichtigen diese bei der Planung unserer Routen. Entsprechend spüren wir aktuell keine Beeinträchtigungen durch die Baustellen“.
Dabei lassen sich die Kosten, die durch Verkehrsstaus entstehen, berechnen. Die BASF ist nur ein Beispiel von vielen, wo die gegenwärtige Stausituation rund um die Rheinbrücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen Sorge bereitet. Insbesondere die Logistikbranche ist in ihrem Tagesgeschäft erheblich behindert.
Die Mannheimer Spedition Graeff ist davon noch stärker betroffen als die Heidelberger Spedition Fels. „Die Geschäfte beginnen zu wandern“, sagt Geschäftsführer Jochen Greaff. Kunden aus der Pfalz fragen, ob sie überhaupt noch zuverlässig bedient werden können. „Der Rhein wird wieder zu einem trennenden Faktor. Da entsteht eine Mauer zwischen Mannheim und Ludwigshafen – mitten in der Metropolregion.“
Von 60 Mitarbeitern der Firma Graeff kommen 18 aus der Pfalz. Die und auch die Transport-Lkw stehen morgens und abends je eine Stunde im Stau auf den Brücken und auf Mannheimer Seite auf den Zufahrten zur Brücke. Oder sie müssen lange, zeitraubende Umwege über die Autobahnen hinnehmen – und stehen auch hier nicht selten im Stau. „Wir haben 60 Fahrten täglich über den Rhein. Das macht 1200 Fahrten pro Monat. Und genauso viele Stunden, die der Lkw im Stau verbringt“, rechnet Graeff vor.
Das ergibt knapp 800.000 Euro Staukosten im Jahr allein für diese Spedition. Steigende Kosten muss das Unternehmen an den Kunden weiter geben. Die Zeche „für politisches Versagen“, so Graeff, zahlt der Bürger. Die Verkehrsexperten des US-amerikanischen Daten-Dienstleisters Inrix haben in einer Studie herausgefunden, dass die Autofahrer in Deutschland im vergangenen Jahr im Schnitt 120 Stunden im Stau verbracht haben. Bei innerstädtischen Staus liegen je nach Studie Berlin, Hamburg oder München vorn. Stuttgart belegt Rang vier, Mannheim findet sich mit 28 Staustunden je Autofahrer auf Platz 18 wieder.
Staus sind für die Umwelt schädlich, weil sie viel Sprit kosten. Laut dem Londoner Centre for Economics and Business Research werden in Deutschland jährlich die Abgase von 1,2 Milliarden Litern Sprit alleine aufgrund von Staus unnötig in die Luft geblasen.