Der Kuss-Skandal hat den spanischen Frauenfußball endgültig ins Chaos gestürzt. Nun gibt es zwar eine neue Trainerin, aber die Spielerinnen stellen sich quer. Der Kuss-Skandal um den ehemaligen Verbandspräsidenten Luis Rubiales hat den spanischen Frauenfußball in heftige Turbulenzen gestürzt. Die Nationalspielerinnen, angeführt von Weltfußballerin Alexia Putellas, kündigten am späten Montagabend überraschend an, ihren Länderspiel-Streik fortzusetzen – obwohl die neue Nationaltrainerin Montse Tomé zuvor versichert hatte, dass alle nominierten Spielerinnen die Teilnahme an den bevorstehenden Spielen der Uefa Nations League gegen Schweden und die Schweiz akzeptiert hätten.Damit ist die Auseinandersetzung zwischen Spaniens Fußballerinnen und dem von Männern dominierten Verband um eine groteske Wendung reicher. Der Auslöser für den Konflikt war der umstrittene Kuss von Ex-Verbandsboss Rubiales nach dem Final-Triumph der Spanierinnen über England am 20. August in Sydney. Der Funktionär hatte die Spielerin Jennifer Hermoso während der Siegerehrung gegen deren Willen auf den Mund geküsst.Dieser Vorfall löste weltweit Empörung aus, führte zur 90-tägigen Suspendierung von Rubiales durch die Fifa und zur Einleitung einer Untersuchung. Schließlich trat Rubiales von seinem Amt als RFEF-Chef zurück, während die spanische Justiz Ermittlungen aufnahm.Dennoch reichte dies den Spielerinnen nicht aus. Insgesamt 21 Mitglieder des Weltmeisterkaders und 18 weitere Topspielerinnen forderten nicht nur die Absetzung von RFEF-Interimschef Pedro Rocha und anderer Funktionäre mit Verbindungen zu Rubiales, sondern kündigten auch einen Länderspiel-Streik an, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Dies hatten sie dem Verband am vergangenen Donnerstag telefonisch mitgeteilt, kurz bevor dieser die neue Nationaltrainerin Tomé vorstellte. Man wolle Hermoso "beschützen"Am Wochenende sah es zunächst so aus, als würde der drohende Länderspiel-Boykott beigelegt sein. Doch in einer Erklärung, die Aitana Bonmatí, die zur besten Spielerin der WM gekürt wurde, am Montag kurz vor Mitternacht auf X (ehemals Twitter) veröffentlichte, hieß es: "(...) unser fester Wille, aus berechtigten Gründen nicht nominiert zu werden (...), bleibt in vollem Umfang gültig."Ein Grund war auch die jüngste Nicht-Nominierung der Spielerin Hermoso. Diese war von der neuen Nationaltrainerin Tomé nicht berufen worden. Zu den Gründen hatte die Trainerin gesagt, man wolle Hermoso "beschützen". Tomé hatte nach der WM den umstrittenen Coach Jorge Vilda abgelöst.Weltstar Putellas: "Glauben, dass es an der Zeit ist, zu kämpfen"In einer Begründung für den Streik hatte Weltstar Alexia Putellas bei X geschrieben, dass Spaniens Fußballerinnen in der gegenwärtigen Situation nicht die richtige Umgebung hätten, um Fußball zu spielen. Sie würden alle mit Stolz für ihr Land auflaufen, fühlten sich in der Umgebung des spanischen Verbands aber nicht sicher, hieß es."Deshalb glauben wir, dass es an der Zeit ist, zu kämpfen, um zu zeigen, dass diese Situationen und Praktiken keinen Platz in unserem Fußball oder in unserer Gesellschaft haben, dass die derzeitige Struktur geändert werden muss und wir dies tun, damit die nächsten Generationen einen viel gleichberechtigteren Fußball haben können und einen auf dem Niveau, das wir alle verdienen."Verband drohte mit Geldstrafen und mehrjährigen SperrenBerichten zufolge bot der Verband den streikenden Spielerinnen am Sonntag personelle Änderungen in der Organisation an, stellte jedoch gleichzeitig ein Ultimatum, das in der Nacht von Sonntag auf Montag um Mitternacht ablief. Der RFEF drohte mit Geldstrafen und mehrjährigen Sperren für Spielerinnen, die sich weigern sollten, für die Nationalmannschaft anzutreten. Eine offizielle Bestätigung dieser Drohungen gab es vorerst nicht.Am Montag hatte der RFEF anlässlich der Kader-Nominierung ein Kommuniqué herausgegeben und betont: "Wir garantieren den Spielerinnen ein sicheres Umfeld und setzen uns für ein Klima des gegenseitigen Vertrauens ein, um gemeinsam dafür zu sorgen, dass sich der Frauenfußball in Zukunft noch stärker entwickelt." Doch das genügte den spanischen Nationalspielerinnen offenbar nicht.