Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser, die meisten Menschen ticken vermutlich so: Sie sind bereit, etwas abzugeben, wenn sie dafür etwas von angemessenem Wert zurückbekommen. Das gilt beim Tausch von Geld gegen Lebensmittel, wenn Nachbarn in der Urlaubszeit gegenseitig ihre Blumen gießen oder wenn Angestellte ihre Lebenszeit und Energie hergeben, damit auf dem Konto Gehalt eingeht. Auch dürften die meisten wohl zustimmen, dass es in Ordnung geht, Deutschland einen Teil des Lohns in Form von Steuern und Sozialabgaben zu überlassen, wenn sie dafür entsprechende Leistungen zurückbekommen. Eine gute Gesundheitsversorgung beispielsweise, pünktliche Bahnen, Brücken, die nicht einstürzen, Behörden, die effizient arbeiten, exzellente Schulen und ein System von Sozialversicherungen, das sie zuverlässig absichert. Doch aktuell machen die Bürger keinen guten Deal. Trotz der zweithöchsten Abgabenlast in Europa auf Durchschnittsarbeitnehmer liegt Deutschland bei der Lebenszufriedenheit lediglich auf Platz 16 unter seinen 26 europäischen Nachbarn. Das zeigen Daten der OECD und des "World Happiness Report 2025", die das Berliner Datenstudio DataPulse Research miteinander verknüpft hat. Die Deutschen zahlen also viel, bekommen dafür aber vergleichsweise wenig Lebenszufriedenheit zurück. Und das ist nicht die einzige Auffälligkeit. Die Belastung trifft Niedrig- und Durchschnittsverdiener in Deutschland stärker als in anderen EU-Ländern. Die Last von Menschen mit höherem Gehalt bewegt sich hingegen im europäischen Mittelfeld. Der Staat nimmt also gerade von denen vergleichsweise viel, die ohnehin überfordert sind. Die vermehrt in körperlich anstrengenden Jobs oder im Schichtdienst arbeiten, die ihre Rentenlücke nur mit Mühe oder gar nicht stopfen können und die immer weiter steigenden Mieten zahlen müssen. Geringverdiener behalten in Deutschland 59 Prozent ihres Bruttogehalts – nur in Ungarn und Slowenien ist der Anteil genauso niedrig. Und wer dann fragt, was eigentlich mit dem ganzen Geld geschieht, blickt auf bröckelnde Straßen und Schulen, horrende Pflegeheimkosten und monatelange Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt. Das ist nicht nur frustrierend, das ist gefährlich. Denn es untergräbt etwas, das für eine Demokratie lebenswichtig ist: Vertrauen in den Staat. Fast schon zynisch kommen angesichts der Zahlen Aussagen wie die von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche daher. "Wir müssen mehr und länger arbeiten", sagte die CDU-Politikerin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". So richtig ich es persönlich auch finde, perspektivisch das Renteneintrittsalter zu erhöhen und damit selbst davon betroffen zu sein, so negativ stößt mir das Wort "wir" auf. Wenn bei t-online Kommentare, Kolumnen oder Stücke wie dieser Tagesanbruch entstehen, dann bekommen die Redakteure regelmäßig einen von unserem Lektorat auf den Deckel, wenn sie von "wir" schreiben. Und das zurecht. Denn es ist erstens eine unzulässige Vereinnahmung von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, und zweitens trifft die Aussage in manchen Fällen vielleicht nicht einmal auf den Autor oder die Autorin zu. Womit wir wieder bei Ministerin Reiche wären. Denn sie muss ganz sicher nicht länger arbeiten. "Es ist Strategie, vom 'Wir' zu reden und so zu tun, als sei die Situation von Vermögenden mit der der arbeitenden Bevölkerung – die dieses Vermögen jeden Tag erarbeitet und möglich macht – vergleichbar. Ist sie nicht" , kommentiert die Autorin und Journalistin Gilda Sahebi . Die Pension von Katherina Reiche sei sicher, ihre Sozialversicherungsbeiträge seien im Verhältnis zu ihrem Einkommen sehr niedrig. Für Menschen mit niedrigem bis mittlerem Verdienst gilt das nicht. Und sie dürften sich fragen, wofür sie eigentlich mehr und länger arbeiten sollen, wenn sich die Leistung nicht angemessen auszahlt. Die gute Nachricht ist: Es gibt Möglichkeiten, diesem Gefühl der Entwertung von Arbeit entgegenzuwirken. Die erste ist, den Nutzen von Steuern und Sozialabgaben sichtbar zu steigern. Da ist die Bundesregierung mit dem Sondervermögen Infrastruktur und ihrem Willen, den Staat zu modernisieren, immerhin dran. Allerdings kommt es auch darauf an, das Geld an den richtigen Stellen einzusetzen. Die zweite Möglichkeit wäre: eine Reform des Steuersystems. Damit nicht ausgerechnet die über Gebühr belastet werden, die ohnehin kaum klarkommen. Bisher hat die schwarz-rote Koalition angekündigt, untere und mittlere Einkommen erst "zur Mitte der Legislaturperiode" zu entlasten. Und das auch nur, wenn ausreichend Geld dafür vorhanden ist. Das Thema könnte allerdings schneller auf die Agenda kommen als gedacht: wenn die CDU demnächst womöglich feststellen muss, dass ihre Idee, Rentnern bis zu einem Verdienst von 2.000 Euro im Monat die Steuern zu erlassen , wegen Bevorteilung einzelner Gruppen gegen die Verfassung verstößt. Dann könnte es schnell neue Vorschläge brauchen, wie man Arbeit stattdessen für alle attraktiver macht. 15 Prozent auf alles – außer Stahl und Aluminium Gedroht hat er mit 30 Prozent, bekommen hat er nun die Hälfte: US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben sich in Schottland auf eine Grundsatzvereinbarung in dem seit Monaten andauernden Zollkonflikt geeinigt. Warenimporte aus der EU in die USA sollen künftig mit einem Zollsatz von pauschal 15 Prozent belegt werden. Der Deal gilt ausdrücklich auch für die Autoindustrie, nicht aber für Aluminium und Stahl. Dort bleibt es bei den bereits geltenden Zöllen von 50 Prozent. "Es ist ein gutes Abkommen für alle", sagte Trump. Von der Leyen sprach von "Stabilität und Berechenbarkeit". Auch Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte die Einigung. "Es ist gut, dass Europa und die USA sich geeinigt haben und so eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermeiden", sagte er. Trump zufolge verpflichtete sich die EU in dem Abkommen, 600 Milliarden Dollar (510 Milliarden Euro) zusätzlich in den USA zu investieren – unter anderem in den Bereichen Rüstung und Energie. Mehrere Tote nach Zugentgleisung Bei einem Zugunglück im Südosten Baden-Württembergs sind am Sonntagabend mehrere Menschen ums Leben gekommen. Dutzende weitere Reisende wurden verletzt. Der Regionalexpress der Deutschen Bahn war von Sigmaringen nach Ulm unterwegs, als gegen 18.10 Uhr in der Nähe von Riedlingen mindestens zwei Waggons entgleisten. Zuvor hatte es in der Region ein Unwetter gegeben. Ob der Unfall damit im Zusammenhang steht, soll laut Polizei geprüft werden. Was steht an? Gespräche in Stockholm: US-Finanzminister Scott Bessent und Chinas Vizepremier He Lifeng setzen heute ihre Verhandlungen im Zollstreit fort. Die 90-tägige Verhandlungspause endet Mitte August – eine neue Eskalation droht. Im Raum stehen unter anderem Exportkontrollen für Hightech-Produkte und Seltene Erden. Konferenz in New York: Frankreich und Saudi-Arabien laden zu einer internationalen Nahost-Konferenz ein. Ziel ist die Förderung einer Zweistaatenlösung – inklusive möglicher Anerkennung Palästinas durch weitere Staaten wie Frankreich. Das Treffen findet auf Ministerebene statt und läuft bis Mittwoch. Treffen in Schottland: US-Präsident Donald Trump weilt weiterhin in Schottland, wo er zwei Golfresorts besitzt. Während seines mehrtägigen Aufenthalts ist auch ein Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer vorgesehen. Ohrenschmaus Am Wochenende hatte ich das Glück, einen meiner Lieblingsfilme im Freiluftkino anschauen zu können: "Before Sunset", ein Film über verpasste Gelegenheiten und die Suche nach dem, was hätte sein können. Julie Delpy spielt nicht nur eine der Hauptrollen, sondern hat auch einen Teil des zauberhaften Soundtracks beigesteuert . Das historische Bild Josef Stalins Sohn starb 1943 einen furchtbaren Tod. Mehr lesen Sie hier. Lesetipps Frankreich will Palästina völkerrechtlich anerkennen. Es ist eine Möglichkeit, an die Zweistaatenlösung zu erinnern. Bei solchen Initiativen oder internationalen Appellen an Israel steht Deutschland abseits, schreibt unser Kolumnist Gerhard Spörl . In der nordrhein-westfälischen AfD tobt ein erbitterter Machtkampf. Landeschef Martin Vincentz gerät dabei in Bedrängnis – und seine Methoden in Verruf. Mit ihm könnte einer der Letzten in der Partei fallen, der als vergleichsweise gemäßigt gilt, berichtet meine Kollegin Annika Leister . Er macht Milliarden-Deals, eckt an, will mehr. Andrea Orcel ist kein gewöhnlicher Banker. Jetzt kämpft er um die Commerzbank – als wäre es sein letztes Spiel. Mein Kollege Leon Bensch hat den Italiener porträtiert. Zum Schluss Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start in die Woche! Morgen schreibt meine Kollegin Heike Vowinkel für Sie. Herzliche Grüße Christine Holthoff Finanzredakteurin E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de Gefällt Ihnen der Tagesanbruch? Dann leiten Sie diesen Newsletter an Ihre Freunde weiter. Haben Sie diesen Newsletter von einem Freund erhalten? Hier können Sie ihn kostenlos abonnieren. Alle bisherigen Tagesanbruch-Ausgaben finden Sie hier . Alle Nachrichten von t-online lesen Sie hier . Mit Material von dpa.