Bundesaußenminister Johann Wadephul zweifelt daran, dass syrische Geflüchtete kurzfristig in großer Zahl freiwillig zurückkehren. Aus seiner eigenen Partei hagelt es Kritik an seinen Aussagen. Manuel Hagel, Spitzenkandidat der CDU für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, widerspricht Bundesaußenminister Johann Wadephul (ebenfalls CDU) in der Frage um die Rückkehr syrischer Flüchtlinge. "Humanitärer Schutz ist kein Daueraufenthaltsrecht, sondern Schutz auf Zeit", sagt Hagel t-online. "Für Hunderttausende war der Bürgerkrieg in Syrien der zentrale Fluchtgrund – dieser Krieg ist beendet." Deshalb sei klar: "Wir können, sollten und müssen Rückführungen vornehmen – Straftäter ohnehin", so Hagel, der auf Entscheidungen deutscher Gerichte verweist, wonach die Rückkehr nach Syrien zumutbar sei. Einem Bericht des "Spiegel" von Ende Oktober zufolge haben mehrere Verwaltungsgerichte unter anderem geurteilt, dass arbeitsfähige syrische Männer unter Umständen von Abschiebeverboten ausgenommen werden. "Klar ist: Rückführungen erfolgen rechtsstaatlich und immer nach Einzelfallprüfung." "Viele Hände haben das zerbombte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut" Der Koalitionsvertrag sei in der Frage eindeutig, meint Hagel – "die Dobrindt-Wende wirkt". Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien vor, "beginnend mit Straftätern und Gefährdern". Das Bundesinnenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) suchte in der Frage bereits Kontakt zu den in Afghanistan herrschenden radikal-islamischen Taliban. In diesem Jahr soll es laut Dobrindt zudem eine Einigung mit Syrien geben. Reise abgesagt: Der Streit mit China spitzt sich weiter zu "Migrationswende wirkt": Zahl der Asylanträge sinkt deutlich Hagel vergleicht die Lage Syriens mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg : "Mit Ambition, festem Willen und dem unerschütterlichen Glauben an ihr Land haben viele Hände das zerbombte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut." Daraus sei das Deutschland entstanden, "das wir heute lieben", sagt der CDU-Politiker. "Diese Erfolgsgeschichte sollte auch für Syrien Vorbild sein." Wadephul: "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben" Außenminister Wadephul hatte nach einem Besuch im vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehrt. Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich bisher nicht gesehen. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", sagte der Minister bei einem Besuch in Harasta, einem noch immer schwer verwüsteten Vorort von Damaskus . Die syrische Regierung schätze die in Deutschland ausgebildeten jungen Syrer. Sie könnten aber frei entscheiden, welchen Weg sie wählten. "Jeder, der bei uns bleibt und sich bei uns in unsere Gesellschaft einbringt, integriert arbeitet" sei weiterhin willkommen. Zu Rückführungen einzelner schwerer Straftäter sei das Ministerium mit dem syrischen Außenministerium in Kontakt, sagte er. Unionsfraktionsvize: Zerstörungsgrad kein Argument Neben Manuel Hagel gab es noch weitere parteiinterne Kritik an Wadephul. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte der "Bild": "Die spontane Äußerung des Bundesaußenministers wird ganz offensichtlich aus dem Zusammenhang gerissen, wenn man ihr irgendeine Relevanz für die anstehenden und notwendigen Rückführungen nach Syrien geben wollte." Der syrische Bürgerkrieg sei vorbei und in weiten Teilen des Landes sei für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr zumutbar. Der Zerstörungsgrad eines Landes sei als Argument gegen eine "freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr" ungeeignet, sagte Krings. "Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?" Auch Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze kann Wadephuls Aussagen nach eigenen Worten nicht nachvollziehen. Es müsse an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden, fand er. "Ein in Teilen zerstörtes Land und schlechtere Lebensbedingungen als in Deutschland sind kein Grund, daran nicht zu arbeiten." Bundesregierung spricht von "Scheinkonflikt" Das Bundesinnenministerium von Alexander Dobrindt (CSU) hatte kürzlich entschieden, sogenannte "Erkundungsreisen" für syrische Flüchtlinge nicht zu ermöglichen. Das bedeutet: Wenn sie in ihre alte Heimat reisen, riskieren sie ihren Schutzstatus. Die ehemalige Ampel-Regierung hatte überlegt, solche Erkundungsreisen zu ermöglichen, um eine mögliche Rückkehr vorzubereiten. Droht nun unionsintern Zwist? CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im "Bericht aus Berlin" in der ARD : "Das ist ein Scheinkonflikt." Dobrindt und Wadephul seien der gleichen Meinung: "Wir schieben ab, wir müssen abschieben natürlich die Straftäter." Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) sagte im Deutschlandfunk, Wadephul habe sich in Syrien geäußert zur Situation, die er dort erlebt habe. "In der Tat ist es so, dass wir daran arbeiten, die Situation in Syrien zu stabilisieren, selbstverständlich mit der Zielsetzung, dass die Menschen dann dorthin wieder zurückkehren können." Auch Regierungssprecher Stefan Kornelius spricht bei "Bild" von einem Scheinkonflikt. Die Bundesregierung arbeite an der schnellen Stabilisierung Syriens, um die Voraussetzung für die Rückkehr von Flüchtlingen zu schaffen. "Stabilisierung und Rückkehr sind zwei Seiten einer Medaille." Gleichzeitig sei es für die Bundesregierung "unzweifelhaft, dass schwere Straftäter abgeschoben werden sollen, so wie es der Außenminister in Damaskus auch klar gesagt hat".