Bundesliga-Check 2025/26: BVB, HSV, Union & Wolfsburg
Borussia Dortmund
„Keep it simple, stupid“. Dieses sogenannte „KISS“-Prinzip hat Niko Kovac zum Leitmotiv für die kommende Spielzeit und die eigene Spielweise ausgerufen. Ein erfolgversprechendes Rezept, werden die Begriffe „simpel“ und „dumm“ doch von vielen Fußballfans schon seit längerer Zeit mit dem BVB in Verbindung gebracht.
Ganz so einfach dürfte es für die Westfalen aber nicht werden, ihren selbstgewählten Anspruch von der vermeintlichen Nr. 2 der Bundesliga aufrecht zu erhalten. In den letzten Jahren wurden sie von Bayer Leverkusen deutlich überholt. Zudem befinden sich mit Leipzig und Frankfurt zwei weitere Mannschaften auf Augenhöhe, sodass der Konkurrenzkampf um die Champions League Plätze erneut hart werden wird. In den letzten beiden Jahren wurden die Erwartungen in der Liga mit den Plätzen 5 und 4 deutlich unterschritten.
Damit dieses Jahr nicht wieder der berüchtigte BVB-Dusel nötig sein wird, um die Königsklasse zu erreichen, sollte auf dem Transfermarkt bis zum Monatsende noch einiges passieren. Jobe Bellingham, der kleine Bruder von Jude, ist bislang der einzig namhafte Transfer dieses Sommers, wenn man von den Verpflichtungen der zuvor ausgeliehenen Außenverteidiger Couto und Svensson absieht. Das Konto des BVB ist allerdings durch die Klub-WM (rund 50 Mio. Euro) und die Transfers der Ergänzungsspieler Gittens, Coulibaly und Moukoko (rund 70 Mio. Euro) prall gefüllt, sodass noch händeringend nach weiteren Verstärkungen gesucht wird. Das ist an diesem Wochenende umso dringlicher geworden, da sich Stamminnenverteidiger Niklas Süle bei der Testspiel-Niederlage gegen Juventus Turin verletzte und für die nächsten zwei Monate ausfallen wird.
Eine Prognose gestaltet sich daher zum jetzigen Zeitpunkt schwierig. Unabhängig von den weiteren Transfers sollte der Kader aber für das erneute Erreichen der Champions League stark genug aufgestellt sein. Da Leverkusen sich in diesem Jahr neu ausrichten muss und die Frankfurter Eintracht durch die Champions League stärker gefordert sein wird als im Vorjahr, erscheint die Rückkehr auf den 2. Platz für die Dortmunder leider realistisch.
Hamburger SV
Sechs Jahre lang verzweifelte der einstige Bundesliga-Dino am Aufstiegskampf der zweiten Liga, den sie zumeist durch eine unterirdische Rückrunde verpassten. Im siebten Anlauf hat es nun geklappt und das Gründungsmitglied ist zurück in „seiner“ ersten Bundesliga.
Dabei war in der vergangenen Saison schon die Hinrunde sehr durchwachsen verlaufen, was Steffen Baumgart seinen Job kostete. Der zunächst nur als Interimstrainer eingeplante Merlin Polzin stabilisierte den HSV und zauberte ihn auf den zweiten Tabellenplatz, wofür sein Vertrag mittlerweile um zwei Jahre verlängert wurde. Eine sehr optimistische Maßnahme für einen Verein, der seit dem Abstieg 2018 sieben Trainer verschlissen hat.
Auf einige wichtige Spieler aus der Aufstiegssaison wird Polzin zukünftig verzichten müssen. Neben Ludovit Reis und Davie Selke sollte eigentlich auch Ransford Königsdörffer den HSV in Richtung Nizza verlassen. Der Transfer scheiterte aber am Medizincheck, obwohl der Ghanaer in den letzten drei Jahren kaum von Verletzungen geplagt war. Die Hanseaten wird es insofern freuen, als dass eine Großbaustelle im Sturm so vermieden werden konnte. Für Selke wurde mit Yussuf Poulsen ein erfahrener und erstligaerprobter Angreifer verpflichtet, der in den vergangenen Jahren immer wieder auch in Mönchengladbach im Gespräch war. Er dürfte zum Saisonstart im Borussia-Park gemeinsam mit Königsdörffer in der Startelf stehen. Als Joker wird zunächst Robert Glatzel fungieren. Der 31jährige war im Vorjahr ein halbes Jahr mit Sehnenriss ausgefallen, konnte aber trotzdem in 15 Ligaspielen 10 Tore markieren. In den drei Jahren davor gehörte er mit regelmäßig rund 20 Toren zu den Toptorjägern der zweiten Liga. Bei seinem bislang einzigen Abstecher in die erste Bundesliga konnte er sich 2021 in Mainz allerdings nicht durchsetzen. Nicht auszuschließen daher, dass ihm dieselben Probleme drohen wie den ehemaligen HSV-Stürmern Selke und Terodde: Zu gut für Liga zwei, aber nicht gut genug für die Bundesliga.
Als weitere Offensivalternative steht mit Rayan Philippe ein französischer Rechtsaußen bereit, der von Eintracht Braunschweig verpflichtet wurde. Obwohl mit Ex-Herthaner Jordan Torunarigha, Nicolas Capaldo, Nicolai Remberg und Daniel Peretz schon einige weitere potenzielle Startspieler verpflichtet wurden, soll es bis zum Ende des Monats noch einige weitere Transfers geben.
Peretz wird sich im Tor einen Zweikampf mit Aufstiegstorwart Heuer-Fernandes liefern. Nachdem er sich aber bei den Bayern selbst gegen Manuel Neuer und Jonas Urbig trotz deren konstant (unter)durchschnittlichen Leistungen nicht durchsetzen konnte, erscheint fraglich, ob er den HSV auf dieser Position ernsthaft wird verbessern können.
Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Mannschaft sehr schwer einzuschätzen und auch die extrem schwachen Testspiele (zuletzt 5 Niederlagen und 1 Remis bei 2:14 Toren) sollten nicht überbewertet werden. Schon jetzt steht aber fest, dass der HSV mit einer wenig eingespielten Mannschaft in die neue Saison starten wird, wo mit Borussia Mönchengladbach direkt der beste Verein des Landes wartet. Sollten Stefan Kuntz in den kommenden Wochen nicht noch einige starke Transfers gelingen, wird es erneut eine sehr schwierige Saison für den HSV, der in der aktuellen Formation als einer der Favoriten auf den erneuten Abstieg gelten muss.
Union Berlin
Noch vor wenigen Jahren gehörte der Klub von der Alten Försterei regelmäßig zu den positiven Überraschungen der Saison. Von Platz 8 in Liga 2 im Jahr 2017 ging es bis hin zum Einzug in die Champions League 2023 stetig bergauf. Ein Erfolg, der zuvorderst mit dem Namen Urs Fischer verbunden war. Als der Verein dann aber in die Spielzeit 2023/24 fehlstartete und international sang und klanglos hinter Sporting Braga ausschied, trennte man sich vom einstigen Erfolgstrainer und findet sich seitdem im Abstiegskampf wieder. Nach den erfolglosen Bjelica und Svensson versucht mit Steffen Baumgart bereits der dritte Trainer, an die erfolgreichen Fischer-Jahre anzuknüpfen. Der Ex-Kölner konnte im Vorjahr immerhin den Klassenerhalt frühzeitig sichern und soll die Mannschaft jetzt weiter in der Liga stabilisieren.
Dies wird allerdings kein leichtes Unterfangen, da mit Baumgarts Ex-Vereinen aus Köln und Hamburg zwei Aufsteiger in die Liga dazustoßen, die voraussichtlich kein Fallobst der Marke Darmstadt/Kiel sein werden. Union selbst hat zudem mit Benedict Hollerbach seinen besten Angreifer an Mainz 05 abgeben müssen. Offensiv verstärkt hat sich der Verein dafür mit Oliver Burke von Werder Bremen sowie mit dem talentierten Ilyas Ansah, der in der vorigen Saison beim SC Paderborn brillierte. Für die Defensive wurde Stanley Nsoki aus Hoffenheim ausgeliehen. Der Innenverteidiger war 2022 mit großen Hoffnungen für 12 Mio. Euro von Club Brügge in die Bundesliga gewechselt, lieferte in Sinsheim aber nur durchschnittliche Leistungen ab, sodass er Union eher in der Breite verstärken wird.
Auch wenn insbesondere der 20jährige Ansah ein perspektivisch interessanter Spieler ist, dürfte die Qualität im Kader insgesamt abgenommen haben. Darauf deuten auch die bisherigen Testspiele hin, wo es zuletzt vier Niederlagen in Folge gegen Fürth, Schweinfurt, Espanyol Barcelona und Olympiakos Piräus gab.
Prognose: Neben Heidenheim, Hoffenheim, St. Pauli und den beiden Aufsteigern gehört Union zu den logischen Kandidaten für den Abstiegskampf. Am Ende wird sich der Verein über die Kampfkraft in der Liga halten. Im besten Fall kann sich eine dauerhafte Augsburg-Mentalität entwickeln, die zumindest die Erstklassigkeit sichern hilft. Von Highlight-Spielen gegen Real Madrid oder SSC Neapel wird der Verein aber in den kommenden Jahren nur noch träumen können.
VfL Wolfsburg
Sieben Meisterschaften und elf Pokalsiege seit 2013, dazu regelmäßige Auftritte in der Champions League. Der VfL Wolfsburg hat sich als absolutes Spitzenteam etabliert und rechtfertigt so die hohen Investitionen seines Hauptsponsors. Leider gilt dies aus Sicht des Volkswagen-Konzerns nur für die Frauen-Mannschaft des Klubs. Die Herren hinken dagegen seit inzwischen zehn Jahren ihren Erwartungen weit hinterher. Die letzten vier Jahre versank der Verein im tristen Mittelmaß der Tabelle, was gemessen an den Personalausgaben indiskutabel ist und ohne die wettbewerbsverzerrenden Finanzzuschüsse von VW kaum noch durchzuhalten wäre.
Auch in der bisherigen Transferperiode hat der VWfL bereits wieder ein Transferdefizit von rund 28 Mio. Euro angehäuft. Dieses könnte sich deutlich verringern, falls es in der Offensive noch einen nennenswerten Abgang geben sollte. Insbesondere Amoura und Wind könnten bis zum Transferschluss gegen einen höheren Geldbetrag den Verein verlassen. Bislang scheint die Nachfrage nach diesen Spielern aber überschaubar zu sein.
Dabei wurde der zuvor ausgeliehene Amoura gerade erst aus Saint-Gilloise fest verpflichtet. Der Mittelstürmer kostete ebenso wie der aus Sheffield neu hinzugestoßene 6er Vini Souza rund 15 Mio. Euro. Mit dem aus Neapel geliehenen Ex-Frankfurter Jesper Lindstrom hat man sich in der Offensive bereits auf einen potenziellen Offensivabgang vorbereitet. Dazu wurde das linke Mittelfeld mit dem 20jährigen Aaron Zehntner aus Paderborn verstärkt.
Ebenfalls neu ist beim VWfL wieder einmal der Trainer. Paul Simonis kam vom niederländischen Überraschungs-Pokalsieger Go Ahead Eagles als Nachfolger von Ralph Hasenhüttl. Er soll für attraktiven Offensivfußball stehen, den die Wolfsburger in den letzten Jahren eher selten verkörperten. In den Testspielen ist das Konzept bislang noch nicht aufgegangen. Wie auch bei Union Berlin und dem HSV ist die Bilanz mit zuletzt drei Niederlagen in Folge bedenklich.
Stand jetzt ist der Kader gegenüber der Vorsaison deutlich verbessert worden, was sich aber bis zum Ende der Transferperiode noch ändern könnte. Realistisch erscheint zum jetzigen Zeitpunkt, dass sich der Verein in der oberen Tabellenhälfte einfinden und im Idealfall um die unteren europäischen Plätze mitspielen wird.