Der Ex-"Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt warf der Regierung vor, Hunderte Millionen Euro an die Taliban überwiesen zu haben. Der Fall landete vor Gericht. Im Streit über Kritik an der Bundesregierung hat sich der ehemalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt mit einer Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht durchgesetzt. Reichelt hatte sich vor dem höchsten deutschen Gericht gegen eine einstweilige Verfügung des Kammergerichts Berlin gewendet, durch die ihm eine kritische Äußerung über die Bundesregierung untersagt wurde. Die Entscheidung des Kammergerichts verletze Reichelt in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit, erklärte das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe. Sie verfehle den Sinn der angegriffenen Äußerung und deren Charakter als Meinungsäußerung. Der Staat habe grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten. Der Fall wird an das Kammergericht zurückverwiesen und muss dort neu verhandelt werden. 370 Millionen Euro an Taliban Reichelt hatte im August 2023 auf der Onlineplattform X geschrieben, Deutschland habe in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro Entwicklungshilfe an die Taliban gezahlt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stellte einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung. Das Kammergericht Berlin untersagte daraufhin Reichelt, der heute für das Portal "Nius" tätig ist, die Aussage zu verbreiten oder zu veröffentlichen. Es handele sich um eine "unwahre Tatsachenbehauptung", die geeignet sei, das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Bundesregierung zu gefährden. Der durchschnittliche Leser verstehe die Äußerung so, dass das Geld von der Bundesregierung direkt an die Taliban ging. "Ging darum, dass die Fakten stimmen" Nach Angaben des BMZ erfolgt die Umsetzung entwicklungspolitischer Maßnahmen der Bundesregierung in Afghanistan ausschließlich regierungsfern über die Weltbank, UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen. Es erfolgen demnach keine finanziellen Zusagen an das Taliban-Regime. "Selbstverständlich hält das Entwicklungsministerium auch schärfste und polemische Kritik aus", erklärte ein BMZ-Sprecher am Dienstag. "Es ging uns bei diesem Verfahren ausdrücklich nicht darum, uns vor Kritik zu schützen, sondern allein darum, dass die Fakten stimmen." Das sei Grundlage für eine ehrliche Debatte. "Wir nehmen dieses Urteil mit Respekt zur Kenntnis und werden den Rechtsstreit in dieser Sache nicht weiter verfolgen."
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