Umstrittene Entscheidung: Bundesrat billigt Bezahlkarte für Asylbewerber
Einige Bundesländer haben die Bezahlkarte für Asylbewerber schon eingeführt, jetzt gab es die endgültige Zustimmung vom Bundesrat. Die Ampel erhofft sich einiges von der Karte – die Opposition reibt sich an einem Punkt.
Die in der Ampel-Koalition lange umstrittene Bezahlkarte für Asylbewerber ist ohne große Debatte vom Bundesrat verabschiedet worden. Die bundesgesetzliche Regelung zu solchen Karten sei zwar eigentlich überflüssig, da die Länder die Bezahlkarten auch ohne diese hätten einführen können, sagte Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt (Grüne) am Freitag in Berlin. Da die nun gefundene Regelung für das Zahlungsmittel so ausgestaltet worden sei, dass die soziale und kulturelle Teilhabe von Geflüchteten garantiert bleibe, spreche nun aber auch nichts gegen eine Zustimmung zu dem Entwurf.
Mehrere Länder hatten den Bund aufgefordert, einen gesetzlichen Rahmen für die Bezahlkarte zu schaffen. Asylbewerber sollen künftig einen Teil der staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben über die Karte enthalten. Dafür soll es weniger Bargeldzahlungen geben. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen. Vor allem Politikerinnen und Politiker der Grünen hatten in den vergangenen Monaten gefordert, der Gesetzentwurf müsse so formuliert werden, dass eine erhebliche Einschränkung der Rechte von Geflüchteten in einzelnen Regionen ausgeschlossen werde.PAID Abschiebung Flüchtlinge 11.52
Auf die Regelung hatten vor allem die Bundesländer gedrängt. Sie können selbst entscheiden, sie die Karte tatsächlich einführen und wie sie die Nutzung ausgestalten. Einige Bundesländer hatten die Bezahlkarte für Asylbewerber bereits auf Landesebene eingeführt. Durch die Änderung vom Freitag ist sie nun auch im bundesweit geltenden Asylbewerberleistungsgesetz verankert.
Ampel erhofft sich bürokratische Erleichterung
Auf die Einführung der Karte hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten der Länder am 6. November verständigt. In dem Gesetz wird nun festgehalten, dass die Leistungsbehörden selbst entscheiden können, wie viel Bargeld die Karteninhaber innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können. Damit werde "den individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort" Rechnung getragen.
"Die Regelung ermöglicht den Leistungsbehörden auch im Rahmen der Ermessensausübung Umstände zu berücksichtigen, aufgrund derer der Einsatz einer Bezahlkarte im Einzelfall nicht zweckmäßig erscheint", hieß es nach der Abstimmung im Bundestag weiter. Das könne etwa der Fall sein, wenn Menschen Gehalt auf ein eigenes Girokonto erhalten. Ebenfalls beschlossen wurden Regelungen, die den Austausch von Daten zwischen Ausländer- und Sozialbehörden erleichtern sollen. "Wir vermeiden unnötigen Aufwand und Komplikationen, die zum Beispiel dadurch entstehen, wenn auf Papier vorliegende Daten nochmals digital erfasst werden müssen", sagte Faeser dazu.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte davor, den Anteil des Bargelds für Geflüchtete zu gering zu halten. Geflüchtete stünden nicht selten unter dem Druck, Krankheitskosten der Familien im Herkunftsland mitzutragen oder schuldeten Schleusern Geld. Diese Drucksituation verschwinde nicht mit der Bezahlkarte und könne sich auch auf die Sicherheit der verbliebenen Familien in den Heimatländern auswirken, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke. "Wenn hier nicht Maß und Mitte gehalten werden, besteht das Risiko, dass Geflüchtete versuchen werden, sich das nötige Geld über kriminelle Machenschaften zu besorgen." Betroffene dürften nicht in die Kriminalität gedrängt werden.Bezahlkarte Bayern 11:52
Union und AfD mit Bezahlkarte unzufrieden
Die Grüne hatten eine bundesweit einheitliche Regelung nicht für nötig gehalten. Mit der jetzt beschlossenen Regelung sind sie aber einverstanden, da nun gesichert sei, dass niemand dadurch aus der Gesellschaft herausgedrängt werde, wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch sagte. "Geflüchtete, die in einer Wohnung wohnen, die müssen einen Stromvertrag abschließen können, sonst haben sie nämlich keinen Strom. Das war in der Regelung bislang nicht klar. Jetzt haben wir das völlig eindeutig geregelt. Das haben Kommunen zu garantieren." Der FDP-Abgeordnete Stephan Thomae betonte, mit der Karte müssten Asylbewerber nicht mehr Schlange stehen, um am letzten Werktag des Monats Geld zu erhalten und auch keine hohen Summen mehr mitnehmen in Gemeinschaftsunterkünfte.
Der CDU-Abgeordnete Detlef Seif erklärte, die Karte sei kein Allheilmittel, könne aber dazu beitragen, dass weniger Asylbewerber innerhalb Europas nach Deutschland weiterzögen. Sein Parteikollege Kai Whittaker verurteilte das Vorhaben als unzureichend, da die Bargeld-Auszahlung nicht wie von der Union gefordert auf 50 Euro im Monat begrenzt werde, zudem fehle ein Vorrang für die Bezahlkarte.
AfD-Vertreter warfen der Ampel-Koalition eine zu liberale Migrationspolitik vor. Für seine Partei gelte: "Unser Geld für unsere Bürger und nicht für die ganze Welt", erklärte der AfD-Politiker Steffen Janich. Der BSW-Politiker Alexander Ulrich sagte, die Bezahlkarte löse zwar nicht das große Problem der irregulären Migration, sei aber ein Weg, es besser zu machen. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte hingegen eine "Entrechtung von Flüchtlingen", zudem gehe Rechtssicherheit verloren.